In den §§ 958ff BGB finden sich Vorschriften über die “Aneignung herrenloser Sachen”, in den §§ 965ff BGB finden sich die Vorschriften über den Fund.
Diese Vorschriften sollte jeder Tierhalter im Zusammenhang mit entlaufenen oder zugelaufenen Tieren einmal gelesen und verinnerlicht haben.
In allen Vorschriften wird der Begriff “Sache” verwendet, hier kommt wieder § 90a BGB zum Tragen!
Dort ist bestimmt, dass auf Tiere grundsätzlich die Vorschriften über Sachen entsprechende Anwendung finden.
Herrenlose Tiere und deren Aneignung
Beginnen wir mit den Vorschriften über die Aneignung. § 958 BGB bstimmt:
(1) Wer eine herrenlose bewegliche Sache in Eigenbesitz nimmt, erwirbt das Eigentum an der Sache. (2) Das Eigentum wird nicht erworben, wenn die Aneignung gesetzlich verboten ist oder wenn durch die Besitzergreifung das Aneignungsrecht eines anderen verletzt wird.
Es stellt sich also die Frage, wann ein Tier herrenlos ist?
Herrenlos ist ein Tier, wenn es noch nie im Eigentum einer Person stand - können wir bei entlaufenen Tieren vernachlässigen - , oder wenn das Eigentum an dem Tier aufgegeben worden ist. Dafür ist aber eine Aufgabe des Eigentums erforderlich. Diese richtet sich nach § 959 BGB:
Eine bewegliche Sache wird herrenlos, wenn der Eigentümer in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten, den Besitz der Sache aufgibt.
Der Verzicht auf das Eigentum setzt einen Willen zum Verzicht voraus. Der frühere Eigentümer muss diesen Verzichtswillen erklärt haben. Die Erklärung muss aber nur vorliegen und keiner bestimmten anderen Person zugegangen sein. Das kommt z. B. häufig bei Katzen vor. Mitunter entstehen hier leidenschaftliche rechtliche Auseinandersetzungen, wenn ein Nachbar die von einem anderen Nachbarn gehaltene Katze “anfüttert”.
Spontan würde man hier z. B. an die - zutiefst verwerfliche! - “Aussetzung” eines Tieres denken. Dieser Fall führt aber nicht zur Herrenlosigkeit, weil die einschlägigen Vorschriften des Tierschutzgesetzes zu beachten sind.
§ 3 Tierschutzgesetz (TierSchG) bestimmt (auszugsweise):
Es ist verboten, ... 3. ein im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen oder sich der Halter- oder Betreuerpflicht zu entziehen,
4. ein gezüchtetes oder aufgezogenes Tier einer wildlebenden Art in der freien Natur auszusetzen oder anzusiedeln, das nicht auf die zum Überleben in dem vorgesehenen Lebensraum erforderliche artgemäße Nahrungsaufnahme vorbereitet und an das Klima angepaßt ist; die Vorschriften des Jagdrechts und des Naturschutzrechts bleiben unberührt.
Ein Verzicht auf das Eigentum ist demnach nicht zulässig, wenn gegen diese Verbote nach dem Tierschutzgesetz verstoßen wird.
Tiere, die entgegen den Verboten des Tierschutzgesetzes ausgesetzt worden sind, werden also nicht herrenlos, sondern stehen weiter im Eigentum des ursprünglichen Eigentümers.
Wilde Tiere
Anders verhält es sich mit den echten “wilden Tieren”. Dies ist in § 960 BGB geregelt:
“(1) Wilde Tiere sind herrenlos, solange sie sich in der Freiheit befinden. Wilde Tiere in Tiergärten und Fische in Teichen oder anderen geschlossenen Privatgewässern sind nicht herrenlos.
(2) Erlangt ein gefangenes wildes Tier die Freiheit wieder, so wird es herrenlos, wenn nicht der Eigentümer das Tier unverzüglich verfolgt oder wenn er die Verfolgung aufgibt.
(3) Ein gezähmtes Tier wird herrenlos, wenn es die Gewohnheit ablegt, an den ihm bestimmten Ort zurückzukehren.”
“Wilde Tiere” sind Tiere, die üblicherweise der menschlichen Herrschaft nicht unterliegen, z B. freilebende Käfer, Fische, usw.
Vorsicht: Bei wilden Tieren sind zahlreiche gesetzliche Sondervorschriften zu beachten, die das Aneignungsrecht auf bestimmte Personen und Personengruppen beschränken, z. B. das Jagd- und Fischereirecht!
Interessant ist § 960 Absatz 3:
Gezähmte Tiere, d.h. Tiere die psychisch an den Menschen gewöhnt sind und deswegen an einen bestimmten Ort zurückkehren, sind nicht herrenlos. Sobald diese Tiere aber diese Gewohnheit ablegen, werden sie wieder herrenlos.
Der Tierfund
Das Fundrecht findet sich in den §§ 965-984 BGB.
Nach diesen Vorschriften gehören zugelaufene oder aufgegriffene Tiere nicht automatisch dem Finder. Der Finder muss zunächst dem Verlierer oder Eigentümer unverzüglich eine Mitteilung machen (soweit das möglich ist, z. B. durch ein Namensschild am Halsband).
Ist das nicht möglich, muss das gefundene Tier unverzüglich bei der zuständigen Ordnungs- oder Polizeibehörde gemeldet werden. Diese gibt das Tier dann in einer behördliche Tiersammelstelle.
Der eigentliche Eigentümer des Fundtieres hat dann ein halbes Jahr lang - beginnend mit der Anzeige des Fundes bei der zuständigen Behörde - das Anrecht auf die Rückgabe. Nach Ablauf der Frist gilt dann das Tier als herrenlos und der Finder erwirbt das Eigentum, wenn er nicht auf dieses Recht verzichtet hat (dann geht das Fundtier nach Ablauf der sechs Monate in das Eigentum der Gemeinde über).
Einige Sonderfälle sind im BGB gesondert geregelt und in vielen Gemeinden sind Sondervorschriften in Form von Satzungen oder Rechtsverordnungen erlassen. Im Zweifel sollte man sich bei der Gemeinde erkundigen oder bei einem Rechtsanwalt Rat suchen. |