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Und wieder mal: Gefährdungshaftung Drucken
Dienstag, den 24. August 2010 um 08:17 Uhr

OLG München - Urteil vom 16.06.2010 - 20 U 5105/09

Die Gefährdungshaftung des Tierhalters kommt auch dem Reiter zu Gute.

Wird ein Dritter beim Versuch, ein Pferd im Beisein des Halters zu reiten, abgeworfen, so haftet der Halter für dadurch entstandene Körper- und Gesundheitsverletzungen. Für den Haftungsgrund ist unerheblich, ob die Reaktion des Tieres auf das Verhalten des Geschädigten zurückzuführen ist, weil auch dann der Grund in der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens liegt, für das der Halter den Geschädigten grundsätzlich schadlos zu halten hat. Die Gefährdungshaftung des Tierhalters kommt demnach auch dem Reiter zu Gute. Im vorliegenden Fall haftet der Pferdehalter zu 2/3 bzgl. aller aufgetretenen Schäden und auch für Zukunftsschäden.

Die Reiterin wurde unmittelbar nach dem Aufsteigen vom Pferd abgeworfen und erlitt hierbei eine schwere Unterarmfraktur.

Bzgl. des Haftungsgrundes ist es irrelevant, ob die Reaktion des Tieres auch auf das Verhalten der Reiterin zurück zu führen ist, da auch dann der Grund in der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens liegt.

Die Gefährdungshaftung ist auch nicht auszuschließen, wenn die Reiterin aus Gefälligkeit ausgewählt wurde, um das Pferd in Zukunft bei Turnieren zu reiten. Für eine Anwendbarkeit des § 599 BGB ist ebenfalls kein Raum. Eine Leihe war hier nicht gewollt. Eine analoge Anwendung des § 599 BGB scheidet im Rahmen der Gefährdungshaftung ebenfalls aus (ständige Rechtssprechung des BGH).

Ein stillschweigender Ausschluss der Gefährdungshaftung ist ebenfalls nicht anzunehmen. Schon gar nicht, wenn hinter dem Halter eine Versicherungsgesellschaft steht. Es würde nicht dem Willen der Beteiligten entsprechen, den Versicherer zu entlasten. Dies würde auch dem Interesse der Beteiligten zuwiderlaufen, da eine Absicherung freilich gewollt ist.

Besondere Risiken hatte die Reiterin ebenfalls nicht in Kauf genommen. Es wurde lediglich ein Proberitt vereinbart. Demnach kommt eine Haftungsfreistellung des Tierhalters gegenüber der Reiterin hier auch nicht in Betracht.

Zur Haftungsquote kam es letztlich nur deshalb, weil die Reiterin einen Verursachungsbeitrag, der zum Schden führte,  dahingehend leistete, dass sie selbst keine erfahrene Reiterin war und das Pferd auch nicht kannte. Auch der Halter selbst konnte der Reiterin keine fundierte Einschätzung bzgl. seines Pferdes geben, da er das Pferd erst gekauft hatte.

Kommentar:

Das OLG hat die Gefährdungshaftung beispielhaft herausgearbeitet. Grundsätzlich hätte der Halter (sein Versicherer) zu 100 % haften müssen, wenn hier nicht die Besonderheit vorgelegen hätte, dass die noch relativ ungeübte Reiterin ein ihr unbekanntes Pferd reiten wollte.

 

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