Tierrecht aktuell
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Das Tier im öffentlichen Recht
Welcher Stellenwert hat die Qualzucht? PDF Drucken
Dienstag, den 03. Mai 2011 um 09:29 Uhr

VGH Kassel - Urteil vom 20.01.2011 - 8 A 167/10

Pressemitteilung:

Der Kläger züchtete seit 1998 Landenten mit Haube. Mit Bescheid vom 11. November 2002 untersagte ihm der Landrat des Vogelsbergkreises diese Zucht, insbesondere mit den im Besitz des Klägers befindlichen Landenten, mit der Begründung, die Züchtung der Tiere verstoße gegen das Tierschutzgesetz, weil nach vorliegenden Gutachten bei der Züchtung von Enten mit dem Merkmal „Federhaube“ häufiger, als zufällig zu erwarten wäre, kranio-zerebrale Missbildungen (Schädeldefekte, intrakraniale Lipome, Hirndeformationen, Hirnbrüche) aufträten. Das Gehirn sei in diesen Fällen umgestaltet und nicht mehr tauglich, bestimmungsgemäße Funktionen auszuüben, wodurch den Tieren Leiden und Schmerzen zugefügt würden.

Gegen das Zuchtverbot hatte der Kläger zunächst beim Verwaltungsgericht Gießen Klage erhoben, die dort mit Urteil vom 26. September 2005 abgewiesen wurde. Die Berufung des Klägers gegen diese Entscheidung blieb zunächst auch vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof ohne Erfolg. Ebenso wie die Vorinstanz war der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 5. Februar 2009 (Az.: 8 A 1194/06) der Auffassung, insbesondere aufgrund eines neueren Gutachtens verstoße die Zucht von Landenten mit Federhaube gegen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes, da in einer signifikanten Anzahl von Fällen aufgrund von Mutationen des Gehirns Verhaltensstörungen bei den Tieren festgestellt worden seien, die teilweise bereits vor dem Schlüpfen aufträten und das Schlüpfen verhinderten oder später zu erheblichen Leiden führten.

Auf die zugelassene Revision hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit Entscheidung vom 17. Dezember 2009 (Az.: 7 C 4.09) das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Februar 2009 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Dabei hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit den Anforderungen des § 11b Abs. 1 und 2 Tierschutzgesetz befasst und ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen nach seiner Auffassung „mit derartigen erblich bedingten Schäden gerechnet werden muss“. Dies sei dann der Fall, wenn es nach dem Stand der Wissenschaft überwiegend wahrscheinlich ist, dass solche Schäden signifikant häufiger auftreten, als es zufällig zu erwarten wäre. Eine naheliegende Möglichkeit, dass es zu derartigen Schäden kommen könne, wie sie der Hessische Verwaltungsgerichtshof im aufgehobenen Urteil gesehen und als ausreichend erachtet hat, genüge für ein Verbot nicht. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch müsse nicht bereits dann mit etwas gerechnet werden, wenn nur eine naheliegende Möglichkeit dafür bestehe, dass dies eintreten werde. Vielmehr bedürfe es hierfür eines höheren Maßes an Wahrscheinlichkeit.

Aufgrund dieser nunmehr verbindlichen Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts sah sich der Hessische Verwaltungsgerichtshof nicht mehr in der Lage, das ausgesprochene Verbot der Qualzüchtung zu bestätigen. Die Möglichkeiten der Sachverhaltsermittlung seien bereits im bisherigen Verfahren ausgeschöpft worden. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse berechtigten nicht zu der Annahme, die beanstandete Züchtung sei mit der vom Bundesverwaltungsgericht geforderten überwiegenden Wahrscheinlichkeit mit schweren Schäden für die betroffenen Tiere verbunden. Die materielle Beweislast für diesen hohen Grad der Schadenswahrscheinlichkeit trage die handelnde Behörde, so dass der Klage nunmehr stattzugeben sei. 

Die Revision gegen dieses Urteil hat der 8. Senat nicht zugelassen. Dagegen kann seitens des Vogelsbergkreises Beschwerde eingelegt werden, über die gegebenenfalls das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erneut zu entscheiden hätte.


§ 11b Tierschutzgesetz:

(1) Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch bio- oder gentechnische Maßnahmen zu verändern, wenn damit gerechnet werden muss, dass bei der Nachzucht, den bio- oder gentechnisch veränderten Tieren selbst oder deren Nachkommen erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten.

(2) Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten oder durch bio- oder gentechnische Maßnahmen zu verändern, wenn damit gerechnet werden muss, dass bei den Nachkommen
a) mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltensstörungen auftreten oder
b) jeder artgemäße Kontakt mit Artgenossen bei ihnen selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führt oder
c) deren Haltung nur unter Bedingungen möglich ist, die bei ihnen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führen.

Kommentar:

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Voraussetzungen (zum Leidwesen der Tiere) sehr "hoch gehängt", so dass der VGH gar nicht anders entscheiden - und mithin seine Anicht auch nicht vetreteten - konnte.

 
Hundesteuer-Prozess vor dem VGH gewonnen PDF Drucken
Freitag, den 22. Oktober 2010 um 11:44 Uhr

VGH Mannheim - Urteil vom 15.09.2010 - 2 S 811/10

Vorinstanz: VG Karlsruhe - Urteil vom 09.12.2009 - 10 K 1854/08

Der Hundehalter ist Hundesportgeräteentwickler- und Hersteller. Hierzu benötigt er seine Schlittenhunde, um die Geräte ausgiebig zu testen, bevor er sie zum Verkauf freigeben kann. Letztlich sieht er seine Tiere als betrieblich notwendig an, was ihn von der Hundesteuer befreien würde.

Das VG Karlsruhe hat mit o.g. Urteil die Klage abgewiesen. Das VG argumentierte, dass die Hunde nicht der ausschließlichen Erzielung von Einnahmen diene - die private Nutzung habe nicht nur eine untergeordnete Bedeutung.

Nun hat der VGH das Urteil des VG Karlsruhe entsprechend der Anträge des Klägers geändert!

Argumentiert hat der VGH unter Anderem damit, dass entgegen der Annahme der Widerspruchsbehörde die Hunde sehr wohl der Einnahmeerzielung dienen und damit nicht der Hundesteuerpflicht unterliegen.

[...] Im Halten von Hunden, das nicht den persönlichen, sondern allein beruflichen oder gewerblichen Zwecken dient, liegt danach keine Verwendung von Einkommen und Vermögen zur Bestreitung eines Aufwands, der über das für die Deckung der allgemeinen Lebensbedürfnisse Erforderliche hinausgeht. Den Ländern ist durch Art. 105 II a GG keine Gesetzgebungsbefugnis verliehen worden, einen solchen, nicht persönlichen Zwecken dienenden Aufwand zu besteuern. Eine Berechtigung zur Erhebung einer Steuer auf einen solchen Aufwand kann deshalb auch nicht von den Gemeinden aus den landesrechtlichen Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes hergeleitet werden (vgl. dazu etwa OVG NRW, Urteile vom 03.11.2005 - 14 A 3852/04 - AUR 2006, 139 und vom 03.02.2005 - 14 A 1569/03 - KStZ 2005, 98).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund bedarf es unter Berücksichtigung aller den jeweiligen Einzelfall prägenden Umstände einer Abgrenzung, ob die Hundehaltung betrieblich bzw. beruflich veranlasst ist oder ob sie persönlichen Zwecken dient. Bei der Beurteilung dieser Frage kann mangels gesetzlicher Bestimmung aufkeine Vermutungsregel zurückgegriffen werden. Ins Besondere die objektive Möglichkeit der Nutzung eines Hundes für private Zwecke begründet für sich allein nicht die Vermutung des fehlens der Absicht der Einnahmeerzielung.

An der im Urteil vom 16.12.2002 (2 S 2113/00 - VBlBW 2003, 288) geäußerten hiervon abweichenden Ansicht hält der Senat nicht länger fest [...].

Auf insgesamt 8 Seiten erläutert der Senat nachvollziehbar seine Entscheidunggründe, die letztlich zum Obsiegen des Klägers führten.

Kommentar:

Das Urteil wird möglicherweise für einige Hundehalter richtungsweisend sein und einen Antrag auf Hundesteuerbefreiung erleichtern, sofern die Tiere tatsächlich dem gewerbe oder Unternehmen dienen. Wichtig ist hierbei, dass grundsätzlich immer der Einzelfall zu prüfen ist, eine Verallgemeinerung lässt sich aus dem Urteil nicht bilden.

Ins Besondere die Abkehr der Ansicht des 2. Senats vom Urteil von 2002 ist als Erfolg zu werten.

Das vollständige Urteil erhalten Sie hier.

 
Steuerbefreiung für Hunde PDF Drucken
Mittwoch, den 28. April 2010 um 05:16 Uhr

VG Karlsruhe - Urteil vom 09.12.2009 - 10 K 1854/08

Wir berichteten bereits im Jahre 2008 zu diesem Thema, da dieses Sache bereits seit 2008 beim VG Karlsruhe anhängig ist (siehe hierzu: Das Tier im öffentl. Recht).

Der Hundehalter ist Hundesportgeräteentwickler- und Hersteller. Hierzu benötigt er seine Schlittenhunde, um die Geräte ausgiebig zu testen, bevor er sie zum Verkauf freigeben kann. Letztlich sieht er seine Tiere als betrieblich notwendig an, was ihn von der Hundesteuer befreien würde.

Das VG Karlsruhe hat mit o.g. Urteil die Klage abgewiesen. Das VG argumentierte, dass die Hunde nicht der ausschließlichen Erzeilung von Einnahmen diene - die private Nutzung habe nicht nur eine untergeordnete Bedeutung.

Die dagegen eingelegte Berufung beim VGH Baden-Württemberg in Mannheim wurde zugelassen.

 
Gehört ein Hund zur Bedarfsgemeinschaft? PDF Drucken
Dienstag, den 05. Januar 2010 um 09:26 Uhr

Sozialgericht Dessau - S 4 As 652/08

...das Gericht sagt: "nein!"

Nachdem wir bereits im März vergangenen Jahres übder das Thema "Hartz IV (ALG II)" für Haustiere berichteten (siehe unten), so findet sich auch zu diesem ähnlichen Thema ein ablehnendes Urteil.

Die Klägerin verlangte eine größere Wohnung für sich und ihren vierbeinigen Freund. Begründet wurde die Klage damit, dass sich hier eine Benachteiligung von Hartz IV-Empfängern mit Kindern zu Hartz IV-Empfängern ohne Kinder - aber dafür mit Hund - ergeben würde.

Die Anzahl der Personen im Haushalt ist ausschlaggebend für die Berechnung der Wohnfläche, die den Personen - also der Bedarfsgemeinschaft - zusteht. Einer alleinstehenden Person stehen z.B. nur 50 qm Wohnfläche zu. Da es sich lt. Gesetz um Menschen handeln muss - die der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet werden können - , bleibt letztlich auch kein Raum, die Vorschrift auf Tiere auszuweiten, noch weniger deshalb, weil auf Tiere nach wie vor die Vorschriften über Sachen anzuwenden sind. Würde objektiv die Vorschrift auch auf Tiere - also auf Sachen - angewandt, müsste dem Hartz-IV empfangenden Besitzer einer "überdimensionierten Couch" ebenfalls eine größere Wohnfläche zustehen.

Kommentar:

Auch wenn auf Tiere nach wie vor die Vorschriften über Sachen anzuwenden sind, so erhalten Tiere doch einen besonderen Schutz durch die entsprechenden "Tierschutzvorschriften" und auch durch das Grundgesetz. Dies unterscheidet Tiere dann doch extrem von Sachen!

Allerdings finden Tiere keine Berücksichtigung in den o.g. Fällen. Einerseits mag dies unverständlich sein, wenn man gerade einen Hund als treuen Weggefährten ansieht. Andererseits muss aber bedacht werden, dass Hunde grundsätzlich - bis auf gewisse Ausnahmen - Luxusgüter darstellen. Hierauf kann demnach eine Vorschrift nach dem SGB II nicht angewandt werden.

 
Erhöhte Hundesteuer für "Kampfhunde" zulässig PDF Drucken
Samstag, den 20. Juni 2009 um 11:04 Uhr

VGH Mannheim - Urteil vom 26.03.2009 – Az.: 2 S 1619/08

Eine Hundebesitzerin, die einen American Staffordshire Terrier hält, wendete sich gegen einen Hundesteuerbescheid „ihrer“ Gemeinde.  In der Hundesteuersatzung der beklagten Gemeinde war geregelt, dass für einen Kampfhund jährlich 600 EUR zu entrichten sind, während für alle anderen Hunde nur 81 EUR anfallen. „Kampfhunden“ sind nach der Satzung diejenigen Hunde, die aufgrund ihres Verhaltens die Annahme rechtfertigen, dass durch sie eine Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen und Tieren bestehe.

Darunter fallen nach der gemeindlichen Satzung insbesondere Hunde sogenannter Kampfhunderassen, wozu auch der American Staffordshire Terrier gehört. Die Gemeinde hatte sich bei ihrer Hundesteuersatzung an der Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hunde vom 03.08.2000 orientiert, die u.a. bei Hunden der Rasse American Staffordshire Terrier die Eigenschaft als Kampfhund vermutet. Die Klägerin war der Auffassung, die unterschiedliche Besteuerung verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

Das Verwaltungsgericht (VG) hatte der Klage der Hundebesitzerin gegen den Hundesteuerbescheid stattgegeben. Das VG hatte dabei beanstandet, dass die Stadt neuere Erkenntnisse über die Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen nicht beachtet habe.

Dem ist der VGH nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen.
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