Tierrecht aktuell
Recht "rund um das Tier" für Tierfreunde, Tierhalter, Tierzüchter, u.v.m.
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Der Verbrauchsgüterkauf - ein Sonderfall PDF Drucken
Diese Sonderform des Kaufes basiert auf Europarecht. Der deutsche Gesetzgeber musste die europäische Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umsetzen. Mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie hat die EU-Kommission einen deutlich verbesserten Schutz privater Käufer beabsichtigt.

Ein Verbrauchsgüterkauf liegt vor, wenn ein Verbraucher eine bewegliche Sache von einem Unternehmer kauft. Verbraucher ist, wer ein Geschäft zu einem Zweck abschließt, das weder zur beruflichen noch zur gewerblichen Tätigkeit gehört. Hierunter fallen die klassischen Privatgeschäfte.

Beispiel: Max kauft sich einen Dackel, weil er als Rentner einen treuen Begleiter für seine täglichen Spaziergänge sucht. Max handelt hier als Verbraucher.

Unternehmer ist hingegen, wer ein Geschäft zu einem Zweck abschließt, das zu seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gehört.

Beispiel: Der Tierhändler Anton verkauft eine Cobra an die Steffi. Anton handelt hier als Unternehmer.

Der Begriff der Gewerbsmäßigkeit wird juristisch so verstanden, dass darunter alle offenen, planmäßigen selbständigen Tätigkeiten fallen.

Eine Gewinnerzielungsabsicht ist für die Unternehmereigenschaft im Übrigen nicht erforderlich.

Die Angehörigen der sog. freien Berufe (z. B. Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, Hebammen, u.a.) betreiben kein Gewerbe, fallen aber unter den Begriff der selbständigen beruflichen Tätigkeit und gelten somit auch als Unternehmer.

Die vom Gesetz verwendete Unternehmerdefinition hat zur Folge, dass in der Regel auch alle Nebenerwerbszüchterinnen und Züchter beim Verkauf ihrer Tiere stets als Unternehmer handeln.


Zum Trost: Die Regelungen zum Verbrauchsgüterkauf treffen nicht nur Züchterinnen und Züchter hart. Auch der Arzt oder der Rechtsanwalt handeln als Unternehmer, wenn sie einen Geschäftswagen verkaufen!

Ein Wort zu den sog. Umgehungsgeschäften:

Stellen Sie sich vor, ein Hundezüchter verkauft den Welpen zunächst an seine Ehefrau, die nicht Züchterin, sondern schlichte Privatperson ist. Einige Tage später verkauft die Ehefrau den Welpen an einen Käufer.

Zwar handelt die Ehefrau des Züchters - zumindest bei einem erstmaligen Umgehungsgeschäft - nicht als Unternehmerin. Eine solche Gestaltung soll nach dem Willen des Gesetzgebers aber als Umgehungsgeschäft gelten. Die verkaufende Ehefrau wird dann selbst wie eine Unternehmerin behandelt (was im Ergebnis auch sinnvoll und nachvollziehbar ist).

Käufer und Verkäufer sind entweder Verbraucher oder Unternehmer. Zu einer der beiden Gruppen ist die Zugehörigkeit zwingend. Soweit die Unternehmereigenschaft zweifelhaft ist, soll ein Geschäft im Zweifel ein Unternehmergeschäft sein. Der vermeintliche Unternehmer muss dann beweisen, dass er nicht als Unternehmer gehandelt hat.

Ein Verbrauchsgüterkauf liegt also vor, wenn der Verkäufer als Unternehmer und der Käufer als Verbraucher handelt. Gerade hier soll der Käufer nach der Sichtweise der EU und des deutschen Gesetzgebers besonders schutzbedürftig und schutzwürdig sein.

Das hat zur Folge, dass für den Verbrauchsgüterkauf besondere, strenge Sondervorschriften gelten.

a) Mangel in den ersten sechs Monaten

Bei einem Verbrauchsgüterkauf hat der Verbraucher oftmals Probleme zu beweisen, dass ein Mangel bereits bei Übergabe der Kaufsache vorhanden war. Hier hilft § 476 BGB dem Käufer.

Die Vorschrift besagt, dass von einem sich binnen sechs Monaten ab Übergabe der Kaufsache zeigenden Mangel vermutet wird, er sei bereits bei der Übergabe vorhanden gewesen.

Beispiel: Ein Privatier kauft von einem Pferdehändler eine Zuchtstute. Die Zuchtuntauglichkeit der Stute erweist sich fünf Monate nach deren Übergabe. Dann muss der Käufer nicht mehr beweisen, dass die Zuchtuntauglichkeit bereits bei der Übergabe der Stute vorgelegen hat. Dies wird vielmehr vom Gesetz vermutet. Der Verkäufer kann aber beweisen, dass das verkaufte Tier zum Zeitpunkt des Verkaufs mangelfrei war.

Eine Ausnahme soll nach dem Willen des Gesetzgebers aber gelten:

Bei infektiösen Tierkrankheiten (Beispiel: Kehlkopfpfeiffen bei einem Pferd) soll die Vermutungswirkung nicht eingreifen, weil die Zeitpunkte zwischen Infektion und Krankheitsausbruch regelmäßig unbestimmt seien.

Für alle anderen Mängel, also alle Mängel, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit einer infektiösen Erkrankung stehen, greift die Vermutung des § 476 BGB aber ein.

Dies wurde jüngst auch durch den Bundesgerichtshof (BGH) im Urteil vom 29.03.2006 festgestellt. Ich zitiere hier aus dem Originaltext des Urteils. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ausgeführt:

"Die Vermutung des § 476 BGB ist gemäß der für Tiere maßgeblichen Verweisung in § 90 a Satz 3 BGB auf die für Sachen geltenden Vorschriften auch beim Kauf eines Tieres entsprechend anzuwenden; insoweit ist sie nicht schon mit der Art des Kaufgegenstandes unvereinbar. ... Dies kommt auch in der Begründung zu § 476 BGB zum Ausdruck, in welcher der Tierkauf als möglicher Anwendungsfall der Vermutung besonders angesprochen wird. ... Auch von der Sache her verbietet sich eine rückwirkende Vermutung über den Zustand des Tieres im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht in jedem Fall schon deshalb, weil es sich bei Tieren um Lebewesen handelt, die naturgemäß einem stetigen Wandel ihres körperlichen und gesundheitlichen Zustandes unterliegen. ...

Entscheidend aber ist, dass der Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes, auf dem die aus Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie übernommene Bestimmung des § 476 BGB beruht, für eine Anwendung dieser Regelung auch auf den Tierkauf spricht. Die Vermutung leitet ihren spezifisch verbraucherschützenden Charakter aus den schlechteren Beweismöglichkeiten des Verbrauchers und den - jedenfalls in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Übergabe - ungleich besseren Erkenntnismöglichkeiten des Unternehmers her. Diese Erwägung trifft auch auf den Tierkauf zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer zu.

Der gewerblich tätige Verkäufer vermag den Zustand des Tieres im Zeitpunkt der Übergabe im Regelfall besser zu beurteilen als ein Käufer, der mit dem Erwerb von Tieren nicht beruflich oder gewerbsmäßig befasst ist. Deshalb ist es gerechtfertigt, die Vermutung grundsätzlich auch auf den Tierkauf anzuwenden. ...

Jedoch sind beim Tierkauf die Besonderheiten zu berücksichtigen, die sich aus der Natur des Tieres als Lebewesen ergeben. Deshalb sind Rechtsprechung und Schrifttum zum Anwendungsbereich der Vermutung bei beweglichen Sachen (§ 90 BGB) nicht unbesehen auf Tiere zu übertragen. Dies folgt schon daraus, dass Tiere keine Sachen sind (§ 90 a Satz 1 BGB) und auf sie die für Sachen geltenden Vorschriften daher nur entsprechende Anwendung finden können (§ 90 a Satz 3 BGB).

Anders als bewegliche Sachen unterliegen Tiere während ihrer gesamten Lebenszeit einer ständigen Entwicklung und Veränderung ihrer körperlichen und gesundheitlichen Verfassung, die nicht nur von den natürlichen Gegebenheiten des Tieres (Anlagen, Alter), sondern auch von seiner Haltung (Ernährung, Pflege, Belastung) beeinflusst wird. ...

In den Gesetzesmaterialien zu § 476 BGB wird insoweit ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Vermutung mit der Art des Mangels jedenfalls bei Tierkrankheiten häufig unvereinbar sein werde, weil wegen der Ungewissheiten über den Zeitraum zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit nicht selten ungewiss bleiben werde, ob eine Ansteckung bereits vor oder erst nach Lieferung des Tieres an den Käufer erfolgt sei; eine Vermutung, dass der Mangel zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen habe, lasse sich dann nicht rechtfertigen, was aber nicht unbedingt auch für andere Fehler eines Tieres gelten müsse. ...

Aus dieser Erläuterung zur Anwendung des § 476 BGB auf den Tierkauf geht hervor, dass sich die Frage, ob die Vermutung des § 476 BGB mit der Art des Mangels unvereinbar ist, nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht für alle erdenklichen Erkrankungen und sonstigen Mängel von Tieren einheitlich bejahen oder verneinen lässt, sondern differenzierter Beurteilung je nach der Art der Erkrankung oder des sonstigen Mangels bedarf.

Maßgeblich dafür sind einerseits der Sinn und Zweck des § 476 BGB - Privilegierung des Verbrauchers aufgrund besserer Erkenntnismöglichkeiten des Unternehmers über den Zustand des Tieres bei Gefahrübergang - und andererseits die dabei auch zu berücksichtigenden Besonderheiten bestimmter Tierkrankheiten oder sonstiger Mängel, aus denen sich aufgrund der spezifischen Natur des Tieres die in der Begründung zu § 476 BGB beispielhaft aufgezeigten Grenzen für eine Beweislastumkehr ergeben können."

Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass die Vermutung des § 476 BGB widerleglich ist. Greift sie ein, kann Verkäufer auch das Gegenteil beweisen.


b) Zwingende Mindestfristen für die Mängelgewährleistung

Bei neuen Sachen darf die Mängelgewährleistungsfrist nicht unter zwei Jahre, bei gebrauchten Sachen nicht unter einem Jahr verkürzt werden.
Für einen PKW ist die Unterscheidung zwischen neu und gebraucht durchaus nachvollziehbar und sinnvoll.

Wie verhält es sich aber mit Tieren. Wann ist ein Tier neu, wann gebraucht?

Lesen Sie hierzu den nachfolgenden Beitrag zum Thema "neu oder gebraucht?"!

 

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